nächste links

nächste links

Freitag, 28. April 2017

Die museale Revolution - 100 Jahre was?

Gleich drei Museen feiern in der Schweiz das 100-jährige der Russischen Revolution.
Hin gehen?
Na ja...

Das Landesmuseum...
... (das jetzt auch Nationalmuseum heisst) verspricht: "Zum 100. Jahrestag der Russischen Revolution
erzählt die Ausstellung im Landesmuseum Zürich von den Beziehungen der beiden Länder in einer Zeit des Umbruchs und bietet einen Überblick über die politische und kulturelle Entwicklung Russlands in dieser Periode."
Die vielen Exponate illustrieren gut - aber nicht die Erzählung des Museums. Diese ist betont, ja gesucht apolitisch. Dadurch wird die Geschichte als Strom dargestellt (hier ein YouTube dazu), unterbrochen von Phänomenen. Da wird dann, draussen vor der Tür, der Ausgangstür nota bene, wo noch rasch der soziale und politische Link der Schweiz zur revolutionären Bewegung abgehandelt wird zum Generalstreik folgendes 'erzählt':
Der Landesstreik - Nach einer Reihe sozialer und politischer Konflikte und beeinflusst durch die Umwälzungen in den Nachbarländern kommt es bei Kriegsende im November 1918 zum Landesstreik. Das Oltener Aktionskomitee - mit Robert Grimm an der Spitze - kann eine Katastrophe verhindern, weil es den Streik abbricht. Wichtige Forderungen wie die 48-Stunden-Woche und Neuwahlen nach dem Proporz werden bald eingelöst; andere, wie die AHV und das Frauenstimmrecht, erst nach Jahrzehnten. 
So begab sich das also zur Zeit, als die sozialen und politischen Konflikte eine Reihe bildeten: Da kam 'ES' zum Landesstreik. Hoppla. Und Grimm verhinderte 'eine' Katastrophe. Darum (oder trotzdem) ging es noch Jahrzehnte, bis die andere Hälfte endlich auch stimmen durfte...
(Ach ja, und was genau verhinderte Grimm? Als Verfasser des Parteiprogramms der SP von 1935 machte er die Sozialdemokratie durch die Absage an die Diktatur des Proletariats und die Bejahung der Landesverteidigung (SIC!) regierungstauglich.)
Hingehen? Ja, trotz allem. Freue dich an spannenden und tollen Exponaten, lies diese, nicht deren Beschreibung, lass dir viel Zeit (3 Stunden) und nimm das Neue mit als Illustration für das, was du schon weisst über die Geschichte, um die es bei der Ausstellung gehen sollte. Das Wissen auffrischen? Wir empfehlen vor dem Museumsbesuch den Crashkurs '100 Jahre Russische Revolution' von Beat Ringger, den wir hier vorgestellt haben: "Ein Crashkurs für zuhause"

Revolution ist tot. Lang lebe die Revolution!...
...zeigt in zwei Berner Museen Kunst. Mit der Revolution haben weder die Show im Kunstmuseum
noch die im ZPK viel zu tun. Im ZPK  wird ausgehend von Werken der Suprematisten und Konstruktivisten versucht, deren Einfluss auf spätere Kunstrichtungen zu erzählen. Man ist sicher stolz, zum 100. Jahrestag ein paar Werke ergattert zu haben, die Nachfrage wird gross sein, man stellt dazu ja nicht nur in der Schweiz aus. Von den eingangs gezeigten Werken von z.B. Malewitsch, Tatlin oder Suetin hüpft man dann von Kabinett zu Kabinett, mal links, mal rechts und steht vor einer Handvoll Werken aus Südamerika. Das ist ja ein kleines Land...müsste man meinen. Denn die Auswahl ist gar klein, die Beschriftung weist nicht darauf hin, wo denn die Schöpfer kommen und auch der Audioguide ordnet kaum ein. Ein weiteres Kabinettchen ist der Fotographie gewidmet und
auch hier werden die paar Exponate der Bedeutung nicht gerecht. Klar, Rodtschenko ist dabei, gehört sich ja - und ich freue mich immer wieder über sein Auge, das meinen Blick schärft. (Viel mehr davon im Landesmuseum!). Hüpf, hüpf, übernächstes Kabinett, Radical Painting. Revolution? Oder schon tot? Und hüpf...zum Schluss ein Film, Dauer 65 Minuten. Da sitzt dann niemand,
Hingehen? Nur, wenn du grad in der Gegend bist.
...Kunstmuseum...
Oh, da kommt die grosse Abrechnung. Am Eingang auch ein Malewitsch, Aber dann nur noch Stalin. Stalin. Stalin. Keine Kritik, keine Auseinandersetzung, nur Darstellung. Zwei Telegrafistinnen, sozialistischer Realismus. Uiuiui! Und eben, die Abrechnung. Lustig, wie die Sisifusse zusammen den in Stein gehauenen Marxkopf den Berg runter kicken. Soooo lustig! Und immer wieder mit viel Häme. Waren die doof, die Russen. Waren wir doof, wir Russen. Und dann noch: wie doof bin ich jetzt, sind wir jetzt, sind sie jetzt: auch noch auf den Kapitalismus reingefallen. Kaum zum Aushalten! Kein Lichtblick? Neindoch... Verkauft (oder erzählt?) wird dazu ein Kunstprojekt(?): eine Schar junger Leute bauen in Warschau in Rekordzeit einen Kibbuz, Zaun drum, Stacheldraht drauf, dann eine Assoziationen an faschistische Rituale weckende Fahnenzeremonie, Zukunft? Oder auch
nur Häme? Zynismus?
Hingehen? Nein.